Berlin, 03.10.2025, 20.45 Uhr – Am Tag der deutschen Einheit hat das zweite Parlament der Menschen der Neuen Generation seine erste Sitzung abgehalten. Im Anschluss fand auf dem Reformationscampus in Berlin-Moabit die Eröffnungsfeier statt. Auf dem Programm stand unter anderem eine Podiumsdiskussion mit dem Linken-Politiker Dr. Michael Efler über die Frage, wie unsere Demokratie erneuert werden kann.
Das Parlament der Menschen findet vom 3. bis 5. Oktober zum zweiten Mal in Berlin statt. An drei Tagen kommen rund 60 geloste Menschen aus ganz Deutschland zusammen, um gemeinsam über die zentrale Frage zu debattieren: „Von Hitzetod bis Systemkrise: Warum versagt die Politik beim Klimaschutz? Und was können wir tun?“
Zur Eröffnungsfeier war neben den Parlamentarier*innen auch die interessierte Öffentlichkeit eingeladen. So erhielt das Publikum einen ersten Einblick in die Arbeit des Losgremiums. Auf die Frage der Moderatorin Lou von der Neuen Generation, welchen Eindruck der erste Sitzungstag bei den Parlamentarier*innen hinterlassen habe, gab es zahlreiche Wortmeldungen: „Offenheit“, „wohlwollender Austausch“, „neue Gesprächskultur der Demokratie“. In der Eröffnungsrede wurde das Parlament der Menschen als Antwort auf ein kaputtes politisches System
„Unser politisches System ist nicht in der Lage, auf die zahlreichen Krisen unserer Zeit zu reagieren. Die Fakten, z. B. zur Klimakrise, liegen auf dem Tisch, der Handlungsauftrag ist klar. Aber Wohlstand wird immer noch am Wirtschaftswachstum gemessen – und leider nicht am Wohlbefinden aller Menschen“, sagte Moderatorin Lou.
Die Unzufriedenheit, die dadurch entstehe, würde außerdem von den extrem Rechten genutzt, um Hass und Angst zu verbreiten, den politischen Diskurs zu kapern und so Wähler*innenstimmen zu gewinnen, so die Moderatorin weiter. Es gebe jedoch eine Möglichkeit, um dem entgegenzuwirken: „Wir wollen eine neue Generation der Demokratie aufbauen.“
Henning Jeschke, Mitbegründer der Neuen Generation, hielt eine Rede darüber, warum eine Revolution der Demokratie ein durchaus realistisches Szenario ist. Er beschließt seine Rede mit einem Appell: „Gerade funktioniert unsere Politik nicht, sie ist keine echte Demokratie. Die Krisen spitzen sich zu. Wir wissen: Die letzte Generation, die etwas unternehmen kann – das sind wir alle. Und wir sind auch die Neue Generation. Wir müssen es sein. Denken wir gemeinsam groß!“ Und der Aufbau eines Parlaments der Menschen, so Jeschke weiter, sei etwas Großes: „Bereits in diesem Prozess liegt etwas Revolutionäres.“
In einer Podiumsdiskussion mit Lina Johnsen, Sprecherin der Neuen Generation, Dr. Michael Efler (Die Linke), Abgeordneter im Abgeordnetenhaus von Berlin und der Parlamentarierin Rosi (57) aus München ging es um die Fragen, in welchem Zustand unsere Demokratie sich befindet und wie wir sie erneuern können. „Alle Menschen sollten eine Stimme haben! Aber wie wir unsere Demokratie updaten können, das weiß ich noch nicht“, räumte Rosi ein. Efler hält das Parlament für ein zielführendes Instrument zur Weiterentwicklung der Demokratie, sofern die Ergebnisse in den politischen Entscheidungsprozess einfließen. Johnsen weiß, mit welchen Mitteln dies erreicht werden kann: „Das progressive Gedankengut ist schon da, aber es wird nicht umgesetzt. Deshalb brauchen wir die Verzahnung von Bürger*innen, die diskutieren, und dann aber auch dafür einstehen, dass ihre Beschlüsse umgesetzt werden – durch zivilen Ungehorsam!“
Das Parlament der Menschen ist Teil der Revolution Days der Neuen Generation: Noch bis zum 12. Oktober finden unter anderem Workshops, Gesprächsrunden, Konzerte sowie Proteste in ganz Berlin statt. Dieses Begleitprogramm soll eine Kultur schaffen, in der gesellschaftliche Mitbestimmung, Gemeinschaft und Menschlichkeit in den Fokus rücken. Friedliche, aber ungehorsame Proteste sollen die Ergebnisse des Parlaments ins politische Berlin tragen.
Dazu Lina Johnsen: „Wir sind hier, weil wir mehr als Protest wollen. Wir wollen Institutionen, die den Menschen dienen. Wir wollen eine starke Demokratie, in der nicht das größte Konto, das lauteste Wort, sondern in der die Stimme jedes einzelnen Menschen Gewicht hat. Lasst uns also heute beginnen: mit respektvollen Debatten, mit Zuhören und mit der Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Veränderung beginnt nicht nur auf der Straße, sie beginnt auch: im Gespräch.“
Das Parlament der Menschen soll regelmäßig stattfinden und immer neu ausgelost werden. Auch die Fragestellungen unterscheiden sich von Parlament zu Parlament. Die Teilnehmenden werden repräsentativ für die Bevölkerung in Deutschland ausgelost, unter Berücksichtigung unter anderem von Geschlecht, Bildungsabschluss und Migrationsgeschichte. Im Sinne eines Gesellschaftsrats tagen sie – im Unterschied zum Bundestag – ohne Einflussnahme durch Lobbys. Die Ergebnisse werden am kommenden Montag im Rahmen einer Pressekonferenz präsentiert. Im November sollen in verschiedenen Städten lokale Parlamente stattfinden. Das nächste bundesweite Parlament der Menschen ist für April 2026 angedacht.